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Insolvenzgründe nach dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG)

Das SanInsFoG hat die Insolvenzgründe der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und der Überschuldung (§ 19 InsO) neu definiert und dadurch eine deutlichere Abgrenzung zwischen diesen Insolvenzgründen vorgenommen.

Des Weiteren musste vor dem SanInsFoG der Insolvenzantrag unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Überschuldung gestellt werden. Durch das SanInsFoG wurde diese Frist auf maximal sechs Wochen verlängert.

Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind:

1. Zahlungsunfähigkeit

Der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) blieb durch das SanInsFoG unberührt. Beträgt die Liquiditätslücke eines Unternehmens mehr als 10 % und ist eine kurzfristige Besserung nicht sicher, dann kommen Restrukturierungsrahmen und Schutzschirm nicht mehr in Betracht.

2. Drohende Zahlungsunfähigkeit

Drohende Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Bisher war unklar, wie weit man bei dieser Liquiditätsprognose in die Zukunft blicken musste. Zudem ergaben sich Überschneidungen beim Prognosezeitraum für die Bestimmung der drohenden Zahlungsunfähigkeit einerseits und der positiven Fortbestehensprognose für die Feststellung einer Überschuldung nach § 19 InsO andererseits. Das SanInsFoG bringt mehr Klarheit und sieht vor, dass für die Bestimmung der drohenden Zahlungsunfähigkeit in aller Regel ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen ist (§ 18 Abs. 2 S. 2 InsO n.F.).

3. Überschuldung

Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, § 19 Abs. 2 S. 1 HS 1 InsO (= sog. rechnerische Überschuldung). In diesem Fall ist zu prüfen, ob trotz der rechnerischen Überschuldung die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich erscheint (= positive Fortführungsprognose).

Bei der Fortführungsprognose ist zu prüfen, ob das Unternehmen im Prognosezeitraum mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seinen fälligen Verbindlichkeiten nachkommen kann. Vor dem SanInsFoG gab es bezüglich des Prognosezeitraums keine gesetzlichen Vorgaben. Die Rechtsprechung interpretierte die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ dahingehend, dass die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens für das laufende und das kommende Geschäftsjahr gesichert sein muss.

Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf den Prognosezeitraum nunmehr Klarheit geschaffen. Der Prognosezeitraum der positiven Fortbestehensprognose, die eine insolvenzrechtliche Überschuldung ausschließt, beträgt nunmehr 12 Monate, § 19 Abs. 2 S. 1 HS 2 InsO. Der Schuldner ist also nicht überschuldet, wenn er für die nächsten zwölf Monate “durchfinanziert” und in diesem Zeitraum seine fälligen bzw. fällig werdenden Verbindlichkeiten bezahlen kann.

Unabhängig von einer sogenannten rechnerischen Überschuldung ist die insolvenzrechtliche Überschuldung ausgeschlossen, wenn eine positive Fortführungsprognose besteht.

Abweichend von der in § 19 InsO geregelten Frist von 12 Monaten, beträgt der Prognosezeitraum im Rahmen der Überschuldungsprüfung gemäß § 4 COVInsAG im Zeitraum 01.01.2021 bis zum 31.12.2021 vier Monate.

Voraussetzung ist, dass

  • das Unternehmen am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig war,
  • das Unternehmen in dem letzten, vor dem 01.01.2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet hat und
  • der Umsatz aus der Geschäftstätigkeit im Kalenderjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 Prozent eingebrochen ist.