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Krisenfrüherkennung und -management

Die neue Pflicht der Geschäftsleiter nach § 1 StaRUG

Die Geschäftsleiter einer Unternehmung müssen fortlaufend über Entwicklungen wachen, die den Fortbestand der juristischen Person gefährden könnten.

Bisher gab es in Deutschland für Unternehmensleiter keine spezialgesetzlichen Regelungen Restrukturierungsmaßnahmen außerhalb der Insolvenz unkompliziert umzusetzen. Restrukturierung und Sanierung waren bislang nur nach allgemeinen gesetzlichen Vorschriften und vor allem im Rahmen eines Insolvenzverfahrens möglich.

Das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (kurz: StaRUG) bietet neue Instrumente, um Sanierungsmaßnahmen zwar in der Krise, aber noch vor der Insolvenz eines Unternehmens umzusetzen. Voraussetzung dafür ist jedoch das Vorhandensein eines belastbaren Krisenfrüherkennungssystems.

Schritt 1: Implementierung eines Systems zur Krisenfrüherkennung

Durch § 1 StaRUG ist nun eine allgemeine und rechtsformübergreifende Pflicht zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement für Geschäftsleiter einer juristischen Person (beispielsweise Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstände einer AG) sowie Geschäftsleiter einer haftungsbeschränkten Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (beispielsweise Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG) kodifiziert.

Zwar sind Krisenfrüherkennungs- und Krisenmanagementpflichten von Geschäftsleitern auch schon im bisher geltenden Recht, so z.B. §§ 91 Abs. 2 AktG, 93 Abs. 1 S. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG kodifiziert, werden nun aber explizit in § 1 Abs. 1 S. 2 StaRUG bei einem Restrukturierungsvorhaben verschärft.

Denn nach dem Wortlaut des neuen § 1 Abs. 1 Satz 2 StaRUG ist ein Geschäftsleiter in Folge dessen auch explizit aufgefordert, Umsetzungsmaßnahmen tatsächlich durchzuführen. Bei der Auswahl der Maßnahmen steht Ihnen jedoch ein gewisser Beurteilungsspielraum zu.

Genau genommen heißt das, dass Geschäftsleiter zunächst ein rechtsformunabhängiges System zur Krisenfrüherkennung in ihre Unternehmensorganisation implementiert haben sollten.

Wie genau dieses System auszusehen hat, schreibt der Gesetzgeber nicht vor. Die konkrete Ausgestaltung wird von Größe, Branche, Struktur und Rechtsform des jeweiligen Unternehmens abhängen. Zunächst einmal sollte das Frühwarnsystem die allgemeine Wirtschafts- und Marktlage einbeziehen. Wesentlicher wichtiger sind jedoch die (inner-)betrieblichen Frühwarnsysteme – die angepassten, kennzahlenbasierten Controlling- und Informationssysteme. Leider orientieren sich diese häufig eher an der Vergangenheit und müssen deshalb um zukunftsorientierte Systeme ergänzt werden.

Daher sollten Geschäftsleiter ihre bestehende Unternehmensorganisation auf geeignete Krisenfrüherkennungs- und -managementsysteme überprüfen und die Erfüllung ihrer Krisenfrüherkennungspflichten, gegebenenfalls in Abstimmung mit einem externen Berater, sorgfältig dokumentieren.

Schritt 2: Beantwortung der vier wichtigsten Fragen

Im zweiten Schritt sollen sie dokumentieren, dass sie im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung zum Gegensteuern in der Krise vernünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Nur dann kann tatsächlich eine gesellschaftsrechtliche Haftung vermieden werden.

Sinnvollerweise ist ein ganzheitliches Konzept erforderlich, um ein Unternehmen aus einer wirtschaftlichen Notsituation herauszuführen. Es ist die Grundlage für jede weitere Entscheidung innerhalb des Unternehmens. In Zusammenarbeit mit Ihrem Berater empfehlen wir den Geschäftsleitern sich insbesondere vier Fragen zu stellen:

  • Ist das Unternehmen grundsätzlich in der Lage, die Krisensituation zu meistern?
  • Was sind die Ursachen und was sind die Symptome der Krise?
  • Welche Maßnahmen müssen zur Ursachenbehebung umgesetzt werden?
  • Welche (finanziellen) Effekte haben die Ursachen und welche Investitionen werden für die Maßnahmenumsetzung benötigt?

Die Beantwortung der Fragen erfordert eine umfassende und stringente Datenbasis. Bei vorhandenen Frühwarnsysteme sind diese Informationen auf Knopfdruck verfügbar.