Gesellschaftsrecht

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ÄNDERUNGEN IM GESELLSCHAFTSRECHT UND GENOSSENSCHAFTSRECHT

Die gesetzliche Regelung mit der die Handlungs- und Beschlussfähigkeit von Aktiengesellschaften und vielen weiteren Rechtsformen sichergestellt wird, ist am 28.03.2020 in Kraft getreten.

Die Geltung ist zunächst auf das Jahr 2020 befristet. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass diese um ein Jahr bis Ende 2021 durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) verlängert wird, sollte dies aufgrund der weiteren Entwicklungen geboten sein.

Mit den gesetzlichen Regelungen wurden vorübergehende Möglichkeiten geschaffen, betroffene Rechtsformen, also etwa Aktiengesellschaften, GmbHs, Genossenschaften, Vereine und Wohnungseigentümergemeinschaften, in die Lage zu versetzen, auch bei weiterhin bestehenden Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten erforderliche Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben.

Für welche Unternehmen sind Erleichterungen vorgesehen?

Das Maßnahmenpaket des BMJV sieht diverse Erleichterungen für

  • Aktiengesellschaften (AG),
  • Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA),
  • Europäische Gesellschaften (SE),
  • Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH),
  • Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG) und
  • Genossenschaften

vor – unabhängig von ihrer Größe, ihrer Mitarbeiterzahl oder ihrer Branche.

Im Einzelnen:

Erleichterungen für GmbHs

Für die GmbH wird abweichend von der bisherigen Regelung die Möglichkeit geschaffen, auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter eine schriftliche Beschlussfassung zu ermöglichen.

Erleichterungen für die Genossenschaft

Beschlüsse der Mitglieder können auch dann schriftlich oder elektronisch im Wege einer virtuellen General- oder Vertreterversammlung gefasst werden, wenn dies nicht ausdrücklich in der Satzung zugelassen ist. Auch insoweit stellt sich die Frage, was gilt, wenn die Satzung explizit entgegenstehende Regeln enthält.

Die Versammlung hat zwar weiterhin grundsätzlich innerhalb der ersten sechs Monate eines Geschäftsjahres zu erfolgen, eine Versäumung dieser Frist bleibt aber sanktionslos. Die Einberufung der Versammlung kann über den Internetauftritt der Genossenschaft oder per E-Mail erfolgen.

Abweichend von der bisherigen Rechtslage kann auch der Aufsichtsrat allein den Jahresabschluss feststellen. Diese Regelung soll nach der Gesetzesbegründung zwar nur für solche Fälle gelten, in denen die Genossenschaft nicht in der Lage ist, eine virtuelle General- oder Vertreterversammlung durchzuführen, der Gesetzeswortlaut ist aber nicht auf diesen Fall beschränkt.

Abschlagszahlungen auf Dividenden und Auseinandersetzungsguthaben ausgeschiedener Mitglieder werden dem Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats auf Basis nur eines vorläufigen Jahresabschlusses ermöglicht, sofern dieser einen Gewinn ergibt und davon nicht mehr als die Hälfte ausgeschüttet wird. Auch diese Regelung dient dazu, Mitgliedern im Bedarfsfall kurzfristig finanziell unter die Arme greifen zu können.

Um das Erfordernis gerichtlicher Notbestellungen zu vermeiden, bleiben Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats auch nach Ende ihrer Amtszeit so lange im Amt, bis ein Nachfolger bestellt ist. Die Genossenschaft bleibt auch dann handlungsfähig, wenn die Anzahl der Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats unter die gesetzliche oder satzungsmäßige Grenze fällt.

Auch Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen können ohne satzungs- oder geschäftsordnungsmäßige Grundlage im Umlaufverfahren per E-Mail oder als Telefon- bzw. Videokonferenz durchgeführt werden.


Erleichterungen für Aktiengesellschaften und ähnliche Rechtsformen

Für die AG, KGaA, SE, und VVaG wird erstmals die Möglichkeit geschaffen, eine vollständig virtuelle Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre abzuhalten.

Darüber hinaus kann der Vorstand auch bei einer Präsenzhauptversammlung eine elektronische Teilnahme oder Stimmabgabe der Aktionäre ermöglichen, ohne dafür durch Satzung ermächtigt zu sein. Offengeblieben ist, ob dies auch dann gelten soll, wenn Satzungsregeln explizit entgegenstehen. Zur Straffung dieser Versammlungen kann der Vorstand auch vorsehen, dass Fragen spätestens zwei Tage vor der Versammlung elektronisch eingereicht werden müssen und kann nach pflichtgemäßem, freiem Ermessen entscheiden, welche dieser Fragen er wie beantwortet. Die Einberufungsfrist wird auf drei Wochen herabgesetzt. Hindern technische Störungen bei der Durchführung der Versammlung Anteilseigner an der Ausübung ihrer Rechte oder die Geschäftsleitung Fragen der Anteilseigner nicht beantworten, begründet dies außer im Fall des Vorsatzes kein Anfechtungsrecht der Anteilseigner. Da hiermit ein erheblicher Eingriff in die Eigentumsrechte der Anteilseigner verbunden ist, wird abzuwarten bleiben, ob diese Regelung einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten kann.

Des Weiteren kann eine Hauptversammlung mit verkürzter Frist (21 statt 30 Tage) einberufen werden.

Bei der AG und KGaA kann die Hauptversammlung auch nach Ablauf der Achtmonatsfrist innerhalb des Geschäftsjahres stattfinden.

Abschlagszahlungen auf Dividenden (und Ausgleichszahlungen an außenstehende Anteilseigner bei Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen) werden der Geschäftsleitung mit Zustimmung des Aufsichtsrats auch ohne satzungsmäßige Grundlage auf Basis nur eines vorläufigen Jahresabschlusses ermöglicht, sofern dieser einen Gewinn ergibt und davon nicht mehr als die Hälfte ausgeschüttet wird. Dies wird es insbesondere in Konzernstrukturen vereinfachen, kurzfristig erforderliche Liquidität umzuschichten.

Der Geschäftsleitung wird ermöglicht, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die ordentliche Jahreshauptversammlung für das Geschäftsjahr 2019 auch über den 31. August bis zum 31. Dezember 2020 zu verschieben. Eine Ausnahme gilt für die SE, bei der die Hauptversammlung aufgrund europäischen Rechts zwingend innerhalb von sechs Monaten nach dem Geschäftsjahresende durchzuführen ist.

Regelungen Umwandlungsrecht

Es soll sichergestellt werden, dass Umwandlungsmaßnahmen nicht aufgrund der Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten scheitern, weil die gesetzliche Achtmonatsfrist für die Anmeldung der Umwandlung beim Handelsregister nicht eingehalten werden kann. Deshalb wird die Frist in § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG auf zwölf Monate verlängert. Sie läuft ab dem Stichtag der maßgeblichen Schlussbilanz.

Bereits schwebende Umwandlungsvorhaben können zukünftig auch dann vollzogen werden, wenn sie auf einem Jahresabschluss fußen, der älter als acht Monate, aber jünger als zwölf Monate ist. Umwandlungsvorgänge, welche das Geschäftsjahr 2019 betreffen, können also noch bis Ende 2020 im Handelsregister des übertragenden Rechtsträgers zur Eintragung im Handelsregister angemeldet werden. Hier fehlt noch eine zwingend erforderliche Folgeänderung des Umwandlungssteuergesetzes, um das gesetzgeberische Ziel zu erreichen. Ohne diese bliebe der steuerliche Druck unvermindert, die Umwandlung bis zum 31. August 2020 abzuschließen.

Erleichterungen für Vereine

Ein Vorstandsmitglied bleibt weiter im Amt, bis ein Nachfolger bestellt werden kann. Das führt jedoch nicht zur zwangsweisen Verlängerung aller Vorstandsämter, die in der nächsten Zeit auslaufen. Das Recht ein Vorstandsmitglied abzuberufen, bleibt bestehen.

Abweichend vom Vereinsrecht im BGB, welches vorsieht, dass Mitgliederversammlungen nur als Präsenzversammlungen möglich sind und die Vereinsmitglieder ihre Mitgliederrechte nur in diesen persönlich ausüben können, ist eine virtuelle Mitgliederversammlung möglich, zu denen sich Vorstand und Mitglieder zusammenschalten können, soweit die Satzungsbestimmungen nicht bereits entsprechende Regelungen enthalten.

Für kleine Vereine, die nicht über die technischen Mittel oder das technische Know-how verfügen, um Mitgliederversammlungen im Internet durchzuführen, reicht es, sofern die Vereinssatzung hierfür keine Regelung für eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren enthält, für die Beschlussfassung außerhalb einer Mitgliederversammlung aus, die Stimme in Textform abzugeben, d. h. z. B. auch durch E-Mail oder Fax. Für die Beschlussfassung sind nicht mehr die Stimmen aller Vereinsmitglieder erforderlich. Für den Beschluss gilt dieselbe Mehrheit wie für einen Beschluss, der in der Mitgliederversammlung gefasst wird. Zum Schutz der Mitglieder ist allerdings geregelt, dass der Beschluss nur wirksam zustande kommt, wenn die Hälfte der Vereinsmitglieder die Stimme abgibt.

Nach der bisherigen gesetzlichen Regelung können die Mitglieder außerhalb von einer Mitgliederversammlung nur Beschlüsse fassen, wenn alle Mitglieder ihre Stimme schriftlich abgeben, d. h. durch einen eigenhändig unterschriebenen Brief, und alle Mitglieder dem Beschlussvorschlag zustimmen.

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