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Der Restrukturierungsplan nach dem StaRUG

Kern der erfolgreichen Durchführung eines Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG ist die Gestaltung von Rechtsverhältnissen (insbesondere Forderungen) durch einen Restrukturierungsplan (§ 2 StaRUG).

Welche Regeln gelten für den Restrukturierungsplan?

Die Auswahl der von dem Restrukturierungsplan betroffenen Gläubiger (sogenannte Planbetroffene) liegt grundsätzlich im Ermessen des Unternehmens und hat nach sachgerechten Kriterien zu erfolgen. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs, etwa auf Finanzgläubiger, findet nicht statt. Es können grundsätzlich alle gegen das Unternehmen gerichteten und bereits begründeten Forderungen ebenso wie Absonderungsrechte an Gegenständen des Unternehmens in einen Restrukturierungsplan um- oder neugestaltet werden (§ 2 StaRUG). Die Regelungen zum Restrukturierungsplan sind mit folgenden Ausnahmen insgesamt dem Insolvenzplan entlehnt. Daher gibt das StaRUG auch die identische Gliederung in einen darstellenden und einen gestaltenden Teil vor (§§ 6, 7 StaRUG).

1. Vertragliche Einzelbestimmungen sind anpassbar

Anders als in einem Insolvenzplanverfahren, das grds. nur Forderungskürzungen und – stundungen erlaubt (vgl. § 224 InsO), ist es bei mehrseitigen gleichgelagerten Rechtsverhältnissen zwischen dem Unternehmen und mehreren Gläubigern (wie z.B. Konsortialkreditverträgen) auch möglich, vertragliche Einzelbestimmungen, wie z.B. Financial Covenants, zu ändern. Gleiches gilt für den Fall, dass das Unternehmen mit mehreren Gläubigern Verträge zu gleichlautenden Bedingungen (z.B. Schuldscheindarlehen) abgeschlossen hat.

2. Forderungen aus Arbeitsverhältnissen können nicht einbezogen werden

Nicht in den Restrukturierungsplan einbezogen werden können Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, einschließlich der Rechte aus Zusagen auf betriebliche Altersversorgung, sowie Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen und aufgrund von Sanktionen (§ 4 StaRUG). Solche Forderungen können aber außerhalb des Restrukturierungsplans flankierend konsensual eine Neuregelung erfahren.

3. Debt-to-Equity-Swap nicht gegen den Willen des Gläubigers möglich

Wie im Insolvenzplanverfahren können auch beim Restrukturierungsrahmen die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte (Gesellschafterrechte) an dem zu restrukturierenden Unternehmen vollumfänglich einbezogen werden. Im Restrukturierungsplan können alle gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahmen vorgesehen werden (§ 2 Abs. 3 und § 7 Abs. 4 StaRUG). Dazu zählt ausdrücklich auch die Möglichkeit einer Umwandlung von zu restrukturierenden Forderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte (Debt-to-Equity-Swap), nicht jedoch gegen den Willen des betroffenen Gläubigers.

4. Gruppeninterne Drittsicherheiten nur gegen angemessene Entschädigung

Der Eingriff in sogenannte gruppeninterne Drittsicherheiten ist nunmehr sowohl im Insolvenz- als auch im Restrukturierungplan möglich. Im alten Insolvenzplanrecht wurde vielfach kritisiert, dass der Insolvenzplan zwar eine Kürzung der Forderungen gegen den insolventen Schuldner ermöglicht, die von anderen Gruppengesellschaften zur Absicherung dieser Forderungen zur Verfügung gestellten Sicherheiten aber unberührt lässt. Das SanInsFoG greift diesen Kritikpunkt auf und eröffnet sowohl im Insolvenzplan (§ 223a InsO n.F.) als auch im Restrukturierungsplan (§ 2 Abs. 4 StaRUG) die Möglichkeit gruppeninterne Drittsicherheiten, gestellt von einem verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) des Schuldners, z.B. Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen, einzubeziehen – allerdings nur gegen angemessene Entschädigung der hiervon betroffenen Gläubiger.

5. Abstimmung über den Restrukturierungsplan

  1. Wie auch im Insolvenzplanverfahren sind die Planbetroffenen für die Zwecke der Abstimmung über den Restrukturierungsplan in Gruppen einzuteilen. Die Aufteilung hat unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechtsstellungen und nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Interessen zu erfolgen (z.B. gesicherte Gläubiger, nicht nachrangige ungesicherte Gläubiger, nachrangige Gläubiger, vgl. § 9 StaRUG). Die Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten bilden eine eigenständige Gruppe.
  2. Die Abstimmung über den Plan kann schriftlich oder im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen stattfinden, wobei die Abstimmung nach Wahl des Unternehmens in einem gerichtlichen Verfahren stattfindet (§ 23 StaRUG). Der Plan ist angenommen, wenn in jeder Gruppe eine qualifizierte Summenmehrheit von 75 % der Stimmrechte dem Plan zustimmt (§ 25 Abs. 1 StaRUG). Die Zustimmung einer Gruppe gilt trotz Verfehlens dieses Mehrheitserfordernisses als erteilt, wenn (i) die Mitglieder dieser Gruppe durch den Plan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Plan stünden, (ii) sie angemessen am wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der den Planbetroffenen zufließen soll, und (iii) die Mehrheit der abstimmenden Gruppen mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat (sog. gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung, § 26 Abs. 1 StaRUG). Bei zwei Gruppen genügt die Zustimmung einer Gruppe, sofern diese nicht ausschließlich aus Anteilsinhabern oder nachrangigen Gläubigern gebildet wurde.

6. Planbestätigung und absolute Priorität

  1. Die EU-Richtlinie lässt eine Planbestätigung gegen das Votum einer Gruppe auch dann zu, wenn eine im Verhältnis zu dieser Gruppe nachrangige Gruppe unter dem Plan einen Wert erhält, sofern nur die ablehnende Gruppe bessergestellt wird als die ihr nachrangige Gruppe (sogenannte relative Prioritätsregel, Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c) der Richtlinie (EU) 2019/1023). Dem StaRUG liegt demgegenüber im Ausgangspunkt die absolute Prioritätsregel nach dem Vorbild des Insolvenzplanrechts zugrunde. Eine Planbestätigung gegen das Votum einer ablehnenden Gruppe kommt grundsätzlich nicht in Betracht, sobald einer nachrangigen Gruppe ein Wert zugewiesen wird (§ 27 Abs. 1 StaRUG).
  2. Der Grundsatz der absoluten Priorität kann durchbrochen werden, wenn der von der Abweichung Begünstigte seinen Vorteil durch Leistung an das Unternehmen vollumfänglich ausgleicht (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG).
  3. Darüber hinaus weicht das StaRUG in zwei weiteren Fällen – anders als im Insolvenzplanrecht – von der absoluten Prioritätsregel zugunsten des Schuldners bzw. der an ihm beteiligten Personen ab (§ 28 Abs. 2 StaRUG): Zum einen für den Fall, dass der Schuldner oder ein an ihm beteiligter Anteilsinhaber, dessen Mitwirkung infolge besonderer in seiner Person liegender Umstände unerlässlich ist, um den Planwert zu verwirklichen, sich verpflichtet, fünf Jahre oder für eine kürzere, für den Planvollzug vorgesehene Frist mitzuwirken und seine wirtschaftlichen Werte zu übertragen, sofern seine Mitwirkung aus von ihm zu vertretenden Gründen zuvor endet. Zum anderen für den Fall eines lediglich geringfügigen Eingriffs in Gläubigerrechte (etwa weil Forderungen im Plan nicht gekürzt sondern maximal bis zu 18 Monate gestundet werden).
  4. Außerdem gilt, dass unter gleichrangigen Gläubigern einzelne Gläubiger nicht bessergestellt werden dürfen. Ausnahmen hiervon können aber gemacht werden, sofern dies nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und nach den Umständen sachgerecht ist (§ 28 StaRUG). Sachgerecht ist die Ungleichbehandlung insbesondere dann nicht, wenn auf die überstimmten gleichrangigen Gläubiger über die Hälfte der Stimmrechte und somit über die Hälfte der Restrukturierungsforderungen, mithin die Hauptlast der Sanierungsbeiträge entfällt (§ 28 Abs. 1 S. 2 StaRUG). Aus dem Bericht zum Gesetzentwurf des StaRUG geht hervor, dass umgekehrt bei weniger als der Hälfte der Stimmrechte die Ungleichbehandlung nicht automatisch sachgerecht sein muss, es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.

7. Planwirkungen

Sollte der Plan nicht von allen Planbetroffenen angenommen worden sein, treten die Wirkungen des Plans mit der Verkündung der gerichtlichen Bestätigung des Plans ein (§§ 65 Abs. 1, 67 Abs. 1 StaRUG). Anders als im Insolvenzplanverfahren muss nicht der Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung abgewartet werden. Gegen die gerichtliche Bestätigung steht jedem Planbetroffenen der Rechtsbehelf der sofortigen Beschwerde offen, der aber nur bei besonderer gerichtlicher Anordnung eine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 66 StaRUG).